Gegenstand der Betrachtung: Micha 3.
Micha 3 – Das Gericht über die führenden Männer des Volkes
Kapitel 3 zählt die Sünden der führenden Männer in Israel und Juda im einzelnen auf. Wie immer in der Bibel werden Gottes Pläne für die Zukunft nicht einfach bekannt gemacht, um die Menschen darüber zu unterrichten, was geschehen wird, sondern das Hauptziel der Verkündigung ist, sie dazu zu bewegen, ihr Leben im Sinne der Pläne Gottes zu ändern. So sollte die Verheißung des kommenden Heils (Kap. 4 u. 5) das Volk – und vor allem seine Führer – zur reuigen und dankbaren Umkehr zu Gott veranlassen.
3,1-2a Die Häupter und Herren des Volkes ließen die Gerechtigkeit verkommen und handelten wie wilde Tiere. Sie hätten diejenigen sein sollen, die das Recht kennen und danach handeln. Stattdessen hassten sie das Gute und liebten das Arge. Damit taten sie das Gegenteil dessen, was von einem Anführer erwartet wird (vgl. Am. 5,15). Ihre falschen Maßstäbe (vgl. Mi. 3,9) zeigten, dass sie den HERRN nicht liebten und nicht fürchteten (»Die Furcht des HERRN hasst das Arge«; Spr. 8,13).
3,2 b-3 Micha verglich die ungerechten Führer mit Jägern, die Gottes Volk, das ihrer Fürsorge anvertraut war, töteten und aufaßen (es also übermäßig ausnutzten). Treue Herren dagegen sollten ihre Pflegebefohlenen schützen und für ihr Wohlergehen sorgen. In Michas Tagen wurde das Volk von seinen Herren betrogen, denn wenn ihnen die Menschen wirklich am Herzen gelegen hätten, hätten sie sie zum HERRN zurückgebracht.
Mi. 3,4 Wegen der Sünden Israels sollte eine Zeit kommen, in der die Menschen zum HERRN schreien, er sie jedoch nicht erhören würde (vgl. Mi. 3,7). Micha sprach hier von der Zeit der Verschleppung Israels in die Gefangenschaft. Die falschen Propheten und Führer wollten nicht glauben, dass der HERR konsequent sein und ihr Verhalten tatsächlich bestrafen würde. Wenn sie die Gefangenschaft vor Augen hatten, sollte es ihnen zwar klar werden, doch dann würde es zu spät sein. Sie würden mit den Folgen ihrer Taten leben und die Strafe auf sich nehmen müssen. Natürlich hört Gott die Gebete seines Volkes, doch manchmal weigert er sich, ihm sofort aus dem Unglück, das es sich durch seine eigenen Handlungen zugezogen hat, herauszuhelfen.
3,5-8 – Das Gericht über die falschen Propheten
Mi. 3,5 Statt Hirten des Volkes zu sein, für es zu sorgen und es richtig zu führen, trachteten die falschen Propheten danach, die Menschen zu verführen. Sie weckten in ihnen falsche Hoffnungen, indem sie ihnen erzählten, Gott werde sie nicht strafen und es werde kein Unheil kommen. Wenn sie gut bezahlt wurden (wenn man ihnen zu fressen gibt), verkündigten sie Frieden. Sie predigten also jedem für sein Geld das, was er gern hören wollte. Wer ihnen jedoch nichts gab, dem widersetzten sie sich (dem predigen sie, es werde ein Krieg kommen). Sie kümmerten sich mehr um ihr eigenes Wohlergehen als um das Wohl des Volkes; ihr Gott war der Mammon.
Mi. 3,6-7 Die falschen Propheten, die das Volk nicht den richtigen Weg führten und es in materieller Hinsicht ausnutzten, sollten beschämt und erniedrigt werden. Nacht sollte über sie kommen, die Sonne sollte über ihnen untergehen und sogar der Tag über ihnen finster werden. Das Hereinbrechen der Nacht ist ein Bild des Untergangs. Wenn die Verwüstung kam, würden diese Propheten ohne Visionen und ohne Wahrsagung sein. Sie rieten den Menschen immer wieder, in ihrem gewohnten Treiben fortzufahren, in dem Glauben, dass Gott sein Volk ganz sicher nicht richten werde. Doch jäh und unvermittelt würde das Gericht über sie hereinbrechen. Dann würden die Menschen die Propheten fragen, warum es komme, und sie würden es nicht erklären können.
Die Seher sollten völlig zu Schanden werden (vgl. Sach. 13,4). Die Wahrsager sollten zu Spott werden (vgl. Mi. 2,6). Sie würden ihren Bart verhüllen müssen, weil kein Gotteswort da sein würde (vgl. Mi. 3,4). Dann würden die Menschen endlich einsehen, dass sie keine wahren Propheten waren. Wenn Gott sein Angesicht verbarg (V. 4), würden auch die falschen Hirten ihre Gesichter verhüllen müssen! Der wahre Prophet Micha dagegen wies das Volk und seine Führer auf das drohende Gericht hin, so dass sie ihre Irrtümer einsehen und sich zu Gott bekehren konnten. Er warnte die Menschen vor dem kommenden Verhängnis, in der Hoffnung, dass sie sich änderten.
Mi. 3,8 Im Gegensatz zu den führenden Männern (Mi. 3,1-4) und den falschen Propheten (Mi. 3,5-7), die nicht Gottes Botschaft verkündeten, sprach Micha voll Kraft und mit der Autorität des Geistes des HERRN, wenn er die Sünden der Menschen verurteilte und das Gericht prophezeite. Seine Worte waren voll Recht, wie Gott gerecht ist in seinem Gericht über sein Bundesvolk. Sie waren voll Stärke, weil Gott durchaus in der Lage ist, seinen Richterspruch wahr zu machen. Die Führer dagegen handelten ungerecht (vgl. Mi. 3,9-10), und ihre Propheten besaßen keinerlei geistliche Vollmacht.
Micha sprach von der Übertretung und der Sünde (vgl. Mi. 1,5; 6,7; 7,18) des Volkes. Er konnte das, was im Volk vorging, aus der Perspektive Gottes sehen. Weil die Menschen ihr Leben nicht an den Gesetzen seines Bundes ausrichteten, würde Gott sie bestrafen müssen.
Mi. 3,9-12 – Das Gericht über die irregeleiteten Führer
Micha – erfüllt vom Geist des HERRN (V. 8) – konfrontierte die führenden Männer des Volkes unerschrocken mit ihren Sünden und deren möglichen Folgen. Zunächst forderte er die Häupter und Herren auf, ihm Gehör zu schenken (So höret doch dies). Ob sie tatsächlich auf ihn hörten oder ihm antworteten, wird nicht gesagt, doch anscheinend taten sie es nicht, denn aus dem Text lässt sich nicht entnehmen, dass sie sich grundlegend änderten.
Dann beschrieb Micha ihre Führerschaft (Mi. 3,9b-11). Sie verabscheuten das Recht. Ein starkes Wort, das »vor etwas Abscheu haben« oder »für einen Greuel halten« bedeutet) und machten alles, was gerade ist, krumm (‚äqas, »verdreht«). Natürlich wurde von einem Herrscher über Gottes Volk erwartet, dass er gerecht und unparteiisch war, wie Gott selbst. Er sollte in seinem eigenen Leben wie auch im Leben der ihm anvertrauten Menschen nach Gerechtigkeit streben. Stattdessen pervertierten diese schändlichen Führer vorsätzlich jegliche Aufrichtigkeit. Ja, sie waren sogar Anstifter und Beteiligte bei Blutvergießen und Unrecht in Jerusalem, der Stadt, in der Recht und Gerechtigkeit herrschen sollten.
Die Häupter, Priester und Propheten waren nach den Worten Michas für Geld käuflich (vgl. Mi. 7,3) und besaßen dennoch die Kühnheit zu behaupten, dass Gott noch immer mit ihnen sei und dem Volk daher nichts geschehen werde (vgl. Mi. 2,6). Dabei verletzte die Annahme von Bestechungsgeldern Gottes Gebot in 5.Mo. 16,19.
Mi. 3,12 Um euretwillen, d.h. um der Führer willen, würde deshalb das Volk vernichtet werden. Das bedeutete nicht, dass die Menschen unschuldig waren und nur die Führer sündigten. Wahrscheinlich hatten die »Häupter« des Volkes die Menschen zur Sünde verleitet, und nun war das ganze Volk vor Gott schuldig geworden. Zion (Jerusalem; vgl. Mi. 3,10; 4,2; 8) würde wie ein Acker gepflügt werden, um und um gekehrt und tief gefurcht durch seine Niederlage. Nur noch Ruinen (Steinhaufen; vgl. Mi. 3,16) sollten übrig bleiben. Selbst der Berg des Tempels würde zu einer Höhe wilden Gestrüpps werden.
Quellenverzeichnis:
- Zusammengestellt von H. Mayer nach einem Kommentar von John A. Martin „Das Alte Testament – erklärt und ausgelegt – Band 3 – Hänssler Verlag