Inhaltsverzeichnis
Von allen Faktoren die zur Entwicklung von chronischen Erkrankungen führen, sind körperliche Tätigkeit und Ernährung diejenigen, bei welchen die meisten Fehler begangen werden und wo am leichtesten Korrekturen durchgeführt werden können. Niemand wird etwas dagegen einwenden, dass wir mehr körperliche Aktivität benötigen, aber wenn es um die Essensfrage geht, dann kommt es leicht zu Konflikten zwischen kulturellen Traditionen, volkstümlichen Anschauungen, ökonomischen Interessen und wissenschaftlicher Kenntnis.
Die Ausführungen in diesem Kapitel stützen sich vorwiegend auf einen Bericht einer speziellen Studiengruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über Kostformen, Ernährung und Prävention von chronischen Krankheiten („Diet, Nutrition and the Prevention of Chronic Diseases“), die 1990 veröffentlicht wurde, und einem Folgebericht einer gemeinsamen WHO/FAO[1] Expertenberatung zwölf Jahre danach. Bei der Eröffnungsrede sagte Dr. Hu Ching-Li, Repräsentant der WHO: „Die Menge und Art der Nahrungsmittel sind die entscheidenden Faktoren für die menschliche Gesundheit.“
Einige Seiten weiter lesen wir, dass „einer Reihe von chronischen Krankheiten weitgehend vorgebeugt werden kann, durch Änderungen des Lebensstils, unter denen die Ernährung eine entscheidende Rolle spielt.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 39)s
Ernährung und chronische Krankheiten
Die hauptsächlichen Todesursachen in den entwickelten Ländern sind Kreislauf- und Herzkrankheiten und Krebs. Beide zusammen machen etwa drei Viertel (75%) aller Todesfälle aus. Es besteht kein grosser Unterschied zwischen West- und Osteuropa, wie in den folgenden Graphiken ersichtlich ist und da die Risikofaktoren dieser Krankheiten grundsätzlich dieselben sind, können wir sie zusammen studieren.
An erster Stelle wurde festgestellt, dass es „in den Entwicklungsländern verkehrte öffentliche Auffassungen bezüglich einer besseren Ernährung gab, … reichhaltig in Fett, Zucker und Salz.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 15) Gleichzeitig erkennt man, dass die Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen und Krebs gerade mit solch einer Ernährung zusammenhängen:
- zu viel Fett in der Nahrung;
- zu viel raffinierter Zucker; zu wenig stärkehaltige Speisen;
- Zigaretten rauchen.
(Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 11, 56)
Es wurde auch festgestellt „Diese chronischen Krankheiten [kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebs, Bluthochdruck, Diabetes, und Fettleibigkeit] sind zum Teil Anzeichen von Überschuss und Unausgeglichenheit in der »Wohlstandsernährung«. Sie sind also, im Prinzip, weitgehend vermeidbar.“ (Id., S. 14)
Im Gegensatz dazu „zeigt eine beträchtliche Anzahl von epidemiologischen und klinischen Daten, dass ein reichlicher Genuss von pflanzlicher Nahrung und komplexen Kohlenhydraten mit einem verminderten Risiko für verschiedene chronische Krankheiten verbunden ist, besonders Herz- und Gefäßleiden, bestimmte Krebsarten, Bluthochdruck und Diabetes.“ (Id., S. 99)
Folglich „Hat man in verschiedenen westeuropäischen Ländern und in Nordamerika durch öffentliche Erziehungskampagnen versucht, die volkstümlichen Essgewohnheiten zu verändern. … Leider wird häufig die Idee verbreitet, dass die ärztliche Auffassung geteilter Meinung sei und die Ernährungsrichtlinien ungewiss, um eine Änderung der Essgewohnheiten zu verhindern, trotz der bemerkenswerten Übereinstimmung der Ansichten der Expertengruppen während mehrerer Jahrzehnten.“ (Id., S. 129)
Es ist bedauerlich festzustellen, dass viele Frauen und Mütter sich nicht bewusst sind, dass die Gesundheit ihres Ehegatten und Kinder zum grossen Teil von dem Essen abhängt, das sie für ihre Familien zubereiten. Hier sind einige zutreffende Ratschläge:
„Es gibt sehr viele Mädchen, die geheiratet und Familien haben, aber nur wenig praktische Kenntnis von den Pflichten einer Hausfrau und Mutter besitzen. Sie können lesen, ein Musikinstrument spielen, aber nicht kochen. Sie verstehen nicht gutes Brot zu backen, was sehr wichtig für die Gesundheit der Familie ist. … Gut zu kochen und gesunde Kost in einladender Qualität auf den Tisch zu bringen, erfordert Weisheit und Erfahrung. Die Köchin, die Nahrung zubereitet, die in unseren Magen gelangt, die in Blut umgewandelt wird und den Körper ernährt, nimmt eine sehr bedeutende und hohe Stellung ein. Die Stellung einer Büroangestellten, einer Schneiderin oder einer Musiklehrerin ist bei weitem nicht so wichtig wie die der Köchin.“ (Zeugnisse für die Gemeinde, Bd. 3, S. 167, 169)
„Für diejenigen, die kochen, ist es eine heilige Pflicht, zu lernen, wie gesunde Mahlzeiten zubereitet werden. Viele Menschenseelen gehen als Ergebnis schlechten Kochens verloren. Es bedarf gedanklicher Vorbereitung und Sorgfalt, um gutes Brot zu backen; darüber hinaus ist in einem Brotlaib aber auch mehr Gläubigkeit enthalten, als viele denken. Es gibt nur wenige wirklich gute Köchinnen. Junge Frauen empfinden es als erniedrigend, zu kochen und andere Arten der Hausarbeit zu verrichten, und deshalb haben viele Mädchen, die heiraten und nun für die Familie sorgen sollen, von den Pflichten einer Ehefrau und Mutter nur wenig Ahnung. Kochen ist keine geringe Wissenschaft und im praktischen Leben eine der notwendigsten. …
Jede Frau, die einem Familienhaushalt vorsteht und die Kunst des gesunden Kochens noch nicht beherrscht, sollte sich entschließen, das zu lernen, was für das Wohlbefinden ihrer Familie so wichtig ist. Vielerorts bieten unterschiedliche Institutionen Ernährungskurse an. Eine Frau, die keine Möglichkeit hat, daran teilzunehmen, sollte bei einer erfahrenen Köchin in die Lehre gehen, bis sie selbst eine Meisterin der Kochkunst ist.“ (Auf den Spuren des großen Arztes, S. 244)
Das vorliegende Kapitel beansprucht nicht ein ausführliches Lehrbuch über Ernährung zu sein, sondern ich möchte vielmehr einige Hauptpunkte betrachten, über die es häufig falsche Ansichten gibt.
Krebs und Ernährung
Besteht irgendein Zusammenhang zwischen Krebs und Ernährung? Kann Ernährung das Krebsrisiko verringern? Zu Beginn sind hier einige Aussagen von wissenschaftlichen Autoritäten.
„Gemüse und Obst sind eine reichhaltige Quelle für viele Nährstoffe. … Es besteht Übereinstimmung in den Beweisen, dass Gemüse und Obst eine schützende Rolle in der Vorbeugung der Krebsentwicklung spielen.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 98)
Der Direktor der Abteilung für Krebsprävention des Nationalen Krebsinstituts in USA behauptet: „Eine grössere Anzahl von Studien zeigten, dass eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse schützend gegen Krebs wirkte. Menschen, die viel Obst und Gemüse essen, haben etwa ein halb so großes Risiko.“ (Better Nutrition, Mai 1994, S. 20)
Zum Schluss ist hier noch eine wichtige inspirierte Aussage von Ellen G. White, die völlig mit den vorherigen Behauptungen übereinstimmt:
„Krebs, Tumore und alle entzündlichen Krankheiten sind grösstenteils verursacht durch das Essen von Fleisch. Von dem Licht, das Gott mir gab, ist das Vorherrschen von Krebs und Tumoren, auf den starken Verzehr von totem Fleisch zurückzuführen.“ (Spalding and Magan Collection, S. 47)
Es fällt auf, dass E.G. White auch „entzündliche“ Erkrankungen erwähnt.
„Die adventistische Gesundheitsstudie zeigte eine 50% höhere Prävalenz von rheumatoider Arthritis und anderen Formen von Arthritis unter den Nicht-Vegetariern im Vergleich zu den Vegetariern. … Die Mechanismen wurden noch nicht enträtselt.“ (Gary E. Fraser, Diet, Life Expectancy and Chronic Disease, 2003, S. 144-146)
Fett und Cholesterin
Zum Verständnis dieses Abschnitts setze ich ein Grundwissen über Fette voraus. Ich beschränke mich auf die Erläuterung einiger Tatsachen, die mit chronischen Erkrankungen zu tun haben.
Es ist gut dokumentiert, dass hohe Cholesterinspiegel ein Risikofaktor für koronare Herzkrankheit sind. Die allgemein als „normal“ betrachteten Werte von 200 mg% (5,1 mmol/l) sind zu hoch. Im Idealfall sollte der Cholesterinspiegel 150 mg% (3,8 mmol/l) oder niedriger betragen. Dies kann sich erschreckend anhören, weil sehr wenige Menschen in der westlichen Gesellschaft solch niedrige Werte aufweisen.
Als Forschungen aufwiesen, dass ein hoher Konsum von gesättigten Fetten, hauptsächlich tierischen Ursprungs, dazu neigten, den Serumcholesterinspiegel zu erhöhen, begann eine Bewegung in Richtung des Verbrauchs von mehrfach ungesättigten Fetten wie sie in Maisöl, Sonnenblumenöl und anderen Pflanzenölen zu finden sind, weil diese dazu beitragen, den Cholesterinspiegel zu senken. Es muss jedoch Vorsicht walten, da mehrfach ungesättigte Fette, einschliesslich der Omega-3-Fettsäuren, nicht sehr stabil sind. Bald darauf erschien Margarine auf dem Markt, um Butter zu ersetzen. Jedoch ist die Angelegenheit mit den Fetten nicht so einfach. Personen mit einem hohen Cholesterinspiegel sollten in erster Linie sämtliche tierischen Fette (Butter, Fleisch, Käse) meiden, weil Cholesterin ausschliesslich in tierischen Produkten zu finden ist. Des Weiteren, sollte der Gesamtverzehr von Fetten reduziert werden. In der typischen westlichen Küche ist der gesamte Fettverbrauch zu hoch.
Das Erhitzen und Braten von Fetten, besonders von mehrfach ungesättigten Ölen, sollte so gering wie möglich gehalten werden, da Erhitzung trans-Fettsäuren und andere schädliche Stoffe erzeugt. Dies ist ein Grund, weshalb kaltgepresste Öle besser sind als Öle, die mit Hitze extrahiert sind. Kokosnussfett und Erdnussöl sind gut hitzestabil.
Trans-Fettsäuren kommen in der Natur nicht vor; sie entstehen bei der industriellen Verarbeitung.
„Fast Foods, Chips, Gebäcke und andere industriell hergestellte Speisen haben einen hohen Fettgehalt mit bis zu 50 Prozent trans-Fettsäuren. Insgesamt verzehren die Verbraucher mehr Fette, die trans-Fettsäuren enthalten, als je zuvor und sie essen sie in der Form von industriell hergestellten Speisen.“
(Sizer & Whitney, Nutrition – Concepts and Controversies, S. 166)
Trans-Fettsäuren heben die Neigung, das LDL-Cholesterin im Blut zu erhöhen und das HDLCholesterin zu erniedrigen. Anstatt sich wie die natürlichen cis-Fette zu verhalten, wirken sie gegen dieselben und behindern sie. Man stimmt überein, dass trans-Fettsäuren das Risiko von kardiovaskulären Krankheiten und Krebs erhöhen. Heutzutage müssen industriell hergestellte Speisen die enthaltene Menge von trans-Fettsäuren auf dem Etikett angeben.
| Ungesättigte Fettsäuren | ||
| Cis | Cis | Trans |
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|
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| Alpha-Linolensäure ist eine mehrfach ungesättigte Omega-3cis-Fettsäure. Sie ist in vielen üblichen Pflanzenölen vorhanden und ist wichtig für die Ernährung. | Ölsäure ist eine cis-Fettsäure, enthalten zu 55-80% in Olivenöl. Der Schmelzpunkt dieser Fettsäure liegt bei 13.5 °C. | Elaidinsäure ist eine transFettsäure. Sie ist ein Bestandteil des Milchfetts und wird häufig in gehärteten Pflanzenölen gefunden. Der Schmelzpunkt liegt bei 46.5 °C. |
(Wikipedia)
Bei dieser Gelegenheit müssen auch die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren erwähnt werden. Diese essentiellen Fette sind nichts Neues. Sie sind in Leinsamen, Nüssen, Sojabohnen, und anderen pflanzlichen Speisen vorhanden. Man kennt heutzutage ihre Wirkungsmechanismen in Gesundheit und Krankheit besser. Fische entnehmen α-Linolensäure (ALA) den Algen und ihr Körper formt sie um in Eikosapentaensäure (EPA) und Dokosahexaensäure (DHA), die physiologisch wirksamer sind. Die Forscher vermuten, dass die Zufuhr von Omega-6 nicht mehr als 4-5-mal die Menge von Omega-3 betragen sollte. Die Massenmedien und Industrien haben diese „neue Entdeckung“ genutzt, um den Verzehr von Fischen oder Fischölsupplementen zu fördern. Doch „sollten die Verbraucher von öligen Fischen sich über die mögliche Anwesenheit von Schwermetallen bewusst sein, insbesondere von Quecksilber, Blei, Nickel, Arsen und Cadmium sowie fettlöslichen Schadstoffen wie PCBs [polychlorierte Biphenyle] und Dioxinen, die sich in der Nahrungskette anhäufen.“ (www.fda.gov/bbs/topics/news/2004/NEW01115.html, US Food and Drug Administration)
„Die Ergänzung der industriellen Nahrungsmittel mit Omega-3 ist ein bedeutender Trend in letzter Zeit. Weltweite Lebensmittelfabriken bringen bereits mit Omega-3 ergänzte Produkte auf den Markt wie Brot, Pizza, Joghurt, Orangensaft, Kinderpasta, Milch, Konfekt und Babynahrung.“ (Wikipedia)
Es ist nicht notwendig, auf Fische oder Fischölsupplemente zurückzugreifen, um ausreichende Mengen von essentiellen Fetten in richtigem Verhältnis zu bekommen. Leinsamen (Linum usitatissimum) und seine Öle sind wahrscheinlich die am besten verfügbare pflanzliche Quelle von Omega-3. Leinsamenöl enthält ca. 55% ALA (α-Linolensäure) in einem Verhältnis von 3mal soviel Omega-3 als Omega-6. Doch müssen wir bewusst sein, dass Leinsamenöl schnell ranzig wird und deshalb immer frisch zubereitet und innerhalb von drei Wochen verbraucht werden sollte. Wahrscheinlich ist die einfachste und praktischste Weise, die Leinsamen (1 Esslöffel voll) in einer kleinen Kaffeemühle kurz vor dem Essen zu mahlen und das Pulver über das Frühstücksgetreide oder über die Speisen zu Mittag zu streuen. Es ist auch reichlich Omega3 in Walnüssen, Sojabohnen und dunkelgrünem Gemüse vorhanden.
Als Abschluss dieses Abschnitts lohnt es sich, folgende weise Ratschläge von Ellen G. White zu beachten:
„Wenn sie richtig zubereitet werden, nehmen Oliven ähnlich den Nüssen den Platz von Butter und Fleischspeisen ein. Das Öl, welches man in der Olive findet, ist tierischem Öl oder Fett bei weitem vorzuziehen. Es regt auch die Verdauung an. Seinen Genuß wird man bei Tuberkulosekranken als hilfreich erfahren; außerdem heilt es einen entzündeten, gereizten Magen.“ (Auf den Spuren des großen Arztes, S. 240)
„Einfach sollten die Speisen zubereitet werden, jedoch so delikat, dass der Appetit angeregt wird. Tierisches Fett [engl.: grease] müsst ihr aus eurer Kost verbannen; denn es verunreinigt jegliche Nahrung. Esst dafür reichlich Obst und Gemüse!“ (Bewußt essen, S. 91; Zeugnisse für die Gemeinde, Bd. 2, S. 68)
„Euer Appetit ist verdorben. Da euch einfache Speisen aus Vollkornmehl, Gemüse und Früchten, ohne scharfe Gewürze und Fett zubereitet, nicht schmecken, übertretet ihr ständig die Gesetze, die Gott in euren Organismus gelegt hat. Solange ihr das tut, müßt ihr die Strafe ertragen. Denn jede Übertretung zieht ihre Bestrafung nach sich. Dennoch wundert ihr euch über euren andauernd schlechten Gesundheitszustand.“ (Bewußt essen, S. 60; s. auch Zeugnisse für die Gemeinde, Bd. 2, S. 72)
Kalzium und Osteoporose
Fast jeder Erwachsene und ältere Person in der westlichen Welt ist heutzutage besorgt wegen Osteoporose. Was ist der Grund dafür? Volkstümliche Zeitschriften haben grosse Überschriften über die Prävention von Osteoporose. Die Werbung für Kalziumpräparate und Milchprodukte nimmt zu, und trotzdem wird auch Osteoporose immer häufiger. Dieses Thema wird heiss debattiert. Doch gibt es einige unmissverständliche Fakten, die betrachtet werden sollten.
Als Erstes, welche sind eigentlich die Faktoren, die zur Entstehung von Osteoporose beitragen? Die Studiengruppe der WHO erwähnt mehrere Hauptfaktoren, die im Kalziumstoffwechsel mitspielen:
- Östrogenmangel
- Mangel an Bewegung
- Rauchen
- Alkohol
- Kalziumzufuhr
Die Experten erklären, dass „es in keiner Weise gewiß ist, daß die Kalziumaufnahme der Schlüsselfaktor für die Knochendichte und Knochenverlust im Erwachsenenalter ist. Eiweissreiche und salzreiche Kost fördern bekannterweise den Knochenverlust.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 82)
Bewegungsmangel ist einer der wichtigen Risikofaktoren, was auch mehr und mehr betont wird. Aber wer hat schon gehört, dass Tabak und Alkohol Osteoporose begünstigen? Darüber wird geschwiegen. Was nun über eiweissreiche Ernährung?
Linkswiler machte ein Experiment, um den Kalziumspiegel in drei Gruppen von Personen zu vergleichen. Sie bekamen alle 1400 mg Kalzium pro Tag. Doch hatten sie eine unterschiedliche Eiweisszufuhr. Die Gruppe, die nur 48 g Eiweiss/Tag erhielt, zeigte eine positive Kalziumbilanz, während die Gruppen, die mehr Eiweiss erhielten, einen Kalziumverlust proportionell zur verzehrten Eiweissmenge aufwiesen. (Linkswiler HM, Protein-induced hypercalciuria, Fed Proc 1981 Jul; 40 (9): 2429-2433)
Eine hohe Eiweisszufuhr erhöht auch das Risiko für Nierensteine.
Die empfohlene tägliche Zufuhr von Kalzium ist in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich. In den USA und Deutschland zum Beispiel werden 1200 mg für Erwachsene, einschliesslich schwangerer Frauen oder stillender Mütter, empfohlen. Solch eine hohe Menge kann von Vegetariern ohne Zufuhr von Milchprodukten oder Kalziumsupplementen nicht erreicht werden. Die WHO empfiehlt nur 400-500 mg täglich.
Es ist auch bekannt, dass eine hohe Phosphorzufuhr zu Kalziumverlust beiträgt. Die Hauptquellen von Phosphor sind Fleisch und Milchprodukte.
Eine andere Studie wurde von Marsh und Sanchez durchgeführt. Sie untersuchten den Mineralgehalt der Knochen von 1600 Frauen. Im Alter von 60 Jahren hatten diese Frauen noch den vollen Mineralgehalt. Zwanzig Jahre später wurden sie noch einmal untersucht. Die Frauen mit einer lakto-ovo-vegetarischen Kost enthielten noch 82% ihres Mineralgehalts, während jene mit einer Mischkost, die auch Fleisch enthielt, nur noch 65% übrig hatten. (A. Marsh, T. Sanchez, Vegetarian lifestyle and bone mineral density, American Journal of Clin. Nutr. 1988; 48)
Das Kalziumparadox
Nun wollen wir einige wichtige Grundlagen in der Medizin betrachten. Ihr habt wohl am Anfang dieses Kapitels die Ausdrücke „Überschuss“ und „Unausgeglichenheit“. In der Vergangenheit war die Wissenschaft über Erkrankungen besorgt, die durch „Mangel“ an Nährstoffen verursacht waren. Demzufolge wurden Mindestbedarfe festgelegt, und man war froh, soviel wie möglich zu bekommen, je mehr desto besser. Diese Auffassung ist aber verkehrt. Für eine gute Gesundheit muss alles innerhalb gewisser normaler Grenzen bleiben, nicht mehr und nicht weniger. Aber was ist normal und wie kann dies festgestellt werden? Üblicherweise nahm man eine Gruppe von anscheinend gesunden Menschen und betrachtete ihre durchschnittlichen Werte als normal. Später hat man herausgefunden, dass andere gesunde Menschengruppen, manchmal in einem anderen Erdteil, ganz andere Werte aufwiesen. Kann man zum Beispiel sagen, dass Serumcholesterinwerte von 200 mg% für Amerikaner normal und für Japaner abnormal sind? Sind die Menschen so verschieden? Es ist ersichtlich, dass wir fortwährend lernen müssen und was in der Vergangenheit als normal betrachtet wurde, vielleicht heutzutage nicht mehr als normal betrachtet werden kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Nährstoffe im Körper unterschiedliche Wirkung haben können, je nachdem, ob sie isoliert oder zusammen mit anderen eingenommen werden. Diese Tatsache hat die Richtung der Ernährungsforschung radikal geändert. Während die Forscher in der Vergangenheit die Wirkung isolierter Nährstoffe (Vitamine, Mineralien usw.) studierten, ist der Trend heute, die Wirkung kompletter Lebensmittel zu studieren. Diese Vorgangsweise ist realistischer, aber auch schwieriger. Darin besteht vielleicht eine Erklärung für die scheinbaren Widersprüche in den Ergebnissen verschiedener Studien. Gute Beispiele dafür sind das „Französische Paradox“ in Bezug auf Alkohol (s. Kapitel über Langlebigkeit) und jetzt das „Kalziumparadox“ im Zusammenhang mit Osteoporose. Hier ist, was die WHO darüber sagt:
„Das Paradox (dass die Hüftgelenksfrakturrate in den entwickelten Ländern höher ist, wo auch die Kalziumzufuhr höher ist, als in den Entwicklungsländern, wo die Kalziumzufuhr niedriger ist) verlangt eine Erklärung. Bis jetzt zeigen die gesammelten Daten, dass die nachteilige Wirkung von Eiweiss, besonders das tierische (aber nicht pflanzliches) Eiweiss, den positiven Effekt von Kalziumzufuhr auf das Kalziumgleichgewicht, überwiegt.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 2003, S. 131)
Eisen
Viele Menschen haben Angst, dass eine rein vegetarische Ernährung (vegan) nicht ausreichend Eisen enthalte. Diesbezüglich behaupten die Experten der WHO: „Das Eisen in der vegetarischen Kost befindet sich fast ausschließlich in der anorganischen Form (wenn keine tierische Speisen eingenommen werden). … Dennoch wird die Aufnahme des anorganischen Eisens durch die gleichzeitige Zufuhr von Vitamin C gesteigert, welches reichlich in den meisten pflanzlichen Speisen enthalten ist.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 100)
Vitamin B12
Vitamin B12 oder Cyanocobalamin ist das chemisch komplexeste aller Vitamine. Es ist notwendig für die normale Funktion des Gehirns und Nervensystems, sowie für die Blutbildung. Vitamin B12 wird von Mikroorganismen produziert und ist nicht in Pflanzen vorhanden, es sei denn durch Verunreinigung. „Vergorene Sojaprodukte, wie Miso und Tempeh, Shiitake (getrocknete Pilze) und Algen, wie Spirulina und Nori enthalten praktisch kein Vitamin B12. Obwohl diese Speisen in Reformhäusern als hervorragende Quellen von B12 verkauft werden und weithin von makrobiotischen Anhängern Cyanocobalamin verwendet werden, enthalten sie kaum, wenn überhaupt B12. Im Gegenteil, sie enthalten Analoge von B12 die nicht aktiv sind und sogar die Absorption von wirklichem Vitamin B12 verhindern können.“ (W. Craig, Nutrition and Wellness, S. 218) Um vom Körper aufgenommen werden zu können, muss sich das Vitamin B12 zuerst mit dem Intrinsic-Faktor, der in den Belegzellen der Magenschleimhaut gebildet wird, verbinden. Dann wird es im Dünndarm resorbiert. Der Dickdarm enthält auch Bakterien, die Vitamin B12 produzieren, aber die Stelle wo es aufgenommen wird, ist bereits vorbei. Patienten mit Atrophie der Magenschleimhaut oder totaler Magenresektion benötigen intramuskuläre Spritzen.
Der Bedarf von Vitamin B12 ist sehr gering, weniger als 1 Mikrogramm (µg) täglich. Die empfohlene Menge ist 2 µg/Tag. Da es keine zuverlässliche pflanzliche Quelle für Vitamin B12 gibt, sollten Veganer ihren Bedarf entweder durch mit Vitamin B12 angereicherte Produkte decken oder regelmässig ein Vitamin B12-Supplement einnehmen. Dies ist besonders für schwangere oder stillende Frauen wichtig. Interessanterweise haben nicht alle Veganer einen Vitamin B12-Mangel. Strikte Vegetarier sollten ihren Vitamin B12-Spiegel untersuchen lassen.
Der Eiweiss Mythos
Viele Menschen haben Angst, dass eine rein vegetarische Ernährung (vegan) nicht ausreichend Eiweiss enthalte. Diesbezüglich behaupten die Experten der WHO:
„Der Eiweissbedarf wird bei Kindern und Erwachsenen leicht gedeckt bei einer abwechselungsreichen Kost auf der Grundlage von Getreide und Hülsenfrüchten. … Es gibt keine bekannten Vorteile in der Erhöhung des Eiweissanteiles der Energiezufuhr. Eine hohe Zufuhr von Eiweiss hat eher schädliche Wirkung indem sie den Kalziumverlust des Körpers fördert und evtl. die altersabhängige Verminderung der Nierenfunktion beschleunigt.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 90)
„Obwohl die meisten vegetarischen Ernährungsformen die Empfehlungen für Eiweiss erfüllen und überwiegen, enthalten sie oft weniger Eiweiss als nicht-vegetarische Ernährungsformen. Diese niedrigere Eiweisszufuhr ist mit einer besseren Kalziumspeicherung und verbesserten Nierenfunktion verbunden. Des Weiteren ist eine niedrigere Eiweissaufnahme mit einer niedrigeren Fettaufnahme gekoppelt, mit allen ihren Vorteilen, weil eiweissreiche Speisen meist auch fettreich sind.“ (Journal of American Dietetic Association, 1993; 93:1317-1319)
In anderen Worten könnten wir sagen, dass eine vegetarische Ernährung nicht ungenügend Eiweiss liefert, sondern dass die Mischkost zuviel Eiweiss enthält. Wie steht es aber mit der Qualität von pflanzlichem Eiweiss? In der Schule lernten wir, dass tierisches Eiweiss von hoher Qualität ist und dass pflanzliche Eiweisse nicht alle Aminosäuren enthalten. Verschiedene Pflanzen haben verschiedene Eiweisse. Deshalb sollte eine vegetarische Kost abwechslungsreich sein.
„Es wird zunehmend erkannt, dass sogar bei ausschließlich vegetarischer Kost, mit ausreichender Abwechslung, eine Ergänzung der Aminosäuren stattfindet.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 19)
„Pflanzliche Eiweissquellen können alleine ausreichende Mengen von essentiellen und nichtessentiellen Aminosäuren liefern, vorausgesetzt, daß die pflanzlichen Nahrungsmittel sinnvoll abgewechselt werden und für eine ausreichende Kalorienzufuhr gesorgt ist. Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Gemüse, Samen und Nüsse enthalten alle essentielle und nichtessentielle Aminosäuren. Eine sorgfältige Kombination dieser Speisen innerhalb einer bestimmten Mahlzeit, zur Eiweissergänzung, ist deshalb nicht erforderlich.“ (Journal of American Dietetic Association, 1993; 93:1317-1319)
Hier sehen wir wieder einmal die Weisheit in den inspirierten Ratschlägen von E. G. White, lange bevor die Ernährungswissenschaft existierte. Sie schrieb in 1868:
„Zu den einzelnen Mahlzeiten dürfen nicht viele verschiedene Speisen gereicht werden, aber sie sollten sich auch auf keinen Fall aus den gleichen Nahrungsmittelarten ohne irgendeine Abwechslung zusammensetzen.“ (Bewußt essen, S. 91)
Die Empfehlungen der WHO Expertengruppe für eine gesunde Ernährung sind für alle Völkergruppen bestimmt, Reiche und Arme in gleicher Weise. Nach Erwägung sämtlicher Umstände und wissenschaftlichen Fakten kamen sie zu folgender Schlussfolgerung:
„Die vorgeschlagenen Ernährungsrichtlinien zeigen, dass die Bedürfnisse für die Gesundheit der Bevölkerung am besten durch eine kohlenhydratreiche, fettarme Kost gedeckt werden, reich in stärkehaltigen Speisen (z.B. Getreide, Knollen und Hülsenfrüchte) zusammen mit einem großen Anteil an Gemüse und Obst.“ (Diet, Nutrition, and the Prevention of Chronic Diseases, WHO, 1990, S. 158)
Wir stellen fest, dass eine vegetarische Kost die einzige Kost ist, die Eiweiss in richtiger Menge und Zusammensetzung liefert, mit niedrigem Fettanteil, jedoch von bester Qualität und frei von Cholesterin und trans-Fettsäuren, reichhaltig in komplexen Kohlenhydraten und Balaststoffen, sowie Phytochemikalien, Vitaminen und Mineralstoffen.
Wir könnten sagen, dass die Weltgesundheitsorganisation endlich die „Ur-Kost“ entdeckt hat, die Gott den Menschen vor einigen tausend Jahren gegeben hat.
„Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich besamt, auf der ganzen Erde und allerlei fruchtbare Bäume, die sich besamen, zu eurer Speise.“ (1 Mose 1:29)
„Immer wieder ist mir gezeigt worden, daß Gott bemüht ist, uns Schritt für Schritt zu seinem ursprünglichen Plan zurückzuführen; daß sich der Mensch allein von den natürlichen Produkten der Erde ernähren soll. Gemüse, Früchte und Getreide sollten die Bestandteile unserer Ernährung bilden. Kein Gramm Fleisch sollte in unseren Magen gelangen. … Gott erwartet, daß wir seine ursprüngliche Absicht bei der Erschaffung des Menschen verwirklichen.“ (Counsels on Diet and Foods, S. 380, Bewußt essen, S. 171-172)
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Zusätzliche Lektüre: In den Fußspuren des großen Arztes, Kap. 23 „Diät und Gesundheit“.
[1] Welternährungsorganisation der UNO (Food and Agriculture Organization of the UN)
